Aktuelle Urteile im Arbeitsrecht: Das sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber jetzt wissen
In den letzten Monaten haben das Bundesarbeitsgericht (BAG) sowie einige Landesarbeitsgerichte wichtige Entscheidungen getroffen, die erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsalltag haben können. Wir fassen für Sie fünf besonders relevante Urteile leicht verständlich zusammen – ideal für Arbeitnehmer, Personalverantwortliche und Betriebsräte.
1. Kündigungsschutz für Schwangere trotz Fristversäumnis
(BAG, Urteil vom 25.01.2024 – 2 AZR 107/23)
Das BAG hat entschieden, dass eine schwangere Arbeitnehmerin auch dann besonderen Kündigungsschutz genießen kann, wenn sie die Klagefrist von drei Wochen (§ 4 KSchG) gegen die Kündigung versäumt – vorausgesetzt, sie wusste zum Kündigungszeitpunkt nichts von ihrer Schwangerschaft.
➡️ Was bedeutet das?
Wenn eine Frau erst nach der Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfährt und sie nachträglich (mit ärztlichem Attest) nachweist, darf sie trotz versäumter Klagefrist Kündigungsschutz geltend machen.
2. Unwirksamkeit von Verfallklauseln bei virtuellen Aktienoptionen
(BAG, Urteil vom 18.01.2024 – 8 AZR 318/22)
Das BAG urteilte, dass virtuelle Aktienoptionen, die ein Arbeitnehmer durch eine Betriebsvereinbarung erhalten hat, nicht einfach bei Eigenkündigung verfallen dürfen. Eine solche Verfallklausel sei unangemessen benachteiligend und damit unwirksam.
➡️ Was bedeutet das?
Auch wenn ein Mitarbeiter selbst kündigt, darf er sich seine bis dahin angesammelten virtuellen Anteile nicht einfach aberkennen lassen – der Arbeitgeber muss sie auszahlen.
3. Keine automatische Pause ohne echten Pausenbeweis
(BAG, Urteil vom 20.12.2023 – 5 AZR 20/23)
In einem Streit um Vergütung von Überstunden stellte das BAG klar: Automatische Pausenabzüge im Zeiterfassungssystem reichen nicht aus, um eine Pause nachzuweisen. Der Arbeitgeber muss belegen, dass die Pause tatsächlich genommen wurde.
➡️ Was bedeutet das?
Wer z. B. in Krankenhäusern oder auf Baustellen arbeitet und wegen Arbeitsdruck keine echte Pause machen kann, darf nicht einfach Pausenzeit abgezogen bekommen. Im Zweifel muss der Arbeitgeber den Pausenantritt nachweisen.
4. Frühpensionierung: E-Mail-Zusage kann bindend sein
(BAG, Urteil vom 21.03.2024 – 6 AZR 124/23)
Ein Mitarbeiter hatte sich auf eine E-Mail seines Arbeitgebers verlassen, in der eine Frühpensionierung in Aussicht gestellt wurde. Als diese dann verweigert wurde, klagte er – mit Erfolg. Das BAG entschied: Wenn andere Kollegen vergleichbare Zusagen erhalten haben, ist die Ungleichbehandlung unzulässig.
➡️ Was bedeutet das?
Auch eine Zusage per E-Mail kann verbindlich sein, vor allem wenn vergleichbare Kollegen bessergestellt wurden. Arbeitgeber müssen daher ihre Kommunikation klar und konsequent gestalten.
5. Abberufung als Geschäftsführer: Wieder Arbeitnehmerrechte
(Hessisches LAG, Urteil vom 15.02.2024 – 16 Sa 1149/23)
Nach der Abberufung eines Geschäftsführers stellte sich die Frage, ob für ihn wieder das Kündigungsschutzgesetz gilt. Das Hessische LAG entschied: Ja, sofern keine Organstellung mehr besteht, greift der allgemeine Kündigungsschutz wieder.
➡️ Was bedeutet das?
Ehemalige Geschäftsführer sind nach ihrer Abberufung keine „Chefs“ mehr im rechtlichen Sinne – sie können wie normale Angestellte Kündigungsschutz beanspruchen.
Fazit:
Diese Urteile zeigen: Die Arbeitsgerichte legen immer mehr Wert auf Transparenz, Gleichbehandlung und Schutz der Arbeitnehmerrechte. Arbeitgeber müssen sich auf strengere Anforderungen einstellen – und Arbeitnehmer sollten ihre Rechte genau kennen.